Sonntag, 17. März 2013

Wie die Engel fliegen

Heute genau vor einem Jahr ist mein Vater gestorben! :'(
Es vergeht eigentlich kein Tag, wo ich nicht irgendwie an ihn denken. Vor allem wenn ich immer Sonntags zu meinen Großeltern fahre ist es sehr schwer für mich, denn wo ich noch neu in meiner eigenen Wohnung war, ist mein Vater immer gekommen und wir sind dann zusammen zu meinen Großeltern gelaufen. Manchmal ertappe ich mich immer noch dabei, wie ich Sonntags da sitze und warte, dass es an der Tür klingelt um los zulaufen. Seit dem Tod 
von meinem Dad fahre ich auch immer die Strecke mit dem Fahrrad, die wir sonst immer zusammen gelaufen sind. Vorher bin ich immer eine andere gefahren.
Er war nicht immer der perfekte Vater, denn man sich hätte wünschen konnte. Bis zur Scheidung meiner Eltern hatte ich eigentlich nicht mal einen Vater. Er war starker Alkoholiker und in meiner Kindheit war er ständig auf Entgiftungen und Entziehungen. Wenn er dann mal da war, gab es häufig Streit, denn ich habe ihn oft nicht als Autoritätsperson wahrgenommen. Ich bin ein Kind, was Antiautoritär erzogen worden ist und eigentlich streng genommen haben mein Großvater mütterlicherseits und seine neue Frau, die aber schon IMMER meine Oma war, mich groß gezogen.
Nach der Scheidung von meinen Eltern, als ich circa 10 oder 11 Jahre alt war, habe ich den Kontakt zu meinem Vater erstmal abgebrochen. Ab und an habe ich ihn gesehen, wenn ich bei meinen Großeltern war, aber sonst gab es keinen Kontakt. Diese Phase hielt etwa ein Jahr an.
Als er dann wieder in eine stationäre Therapie, diesmal nach Lanke, ging haben wir uns langsam wieder angenähert, da ich gemerkt habe, dass er dieses mal wirklich etwas ändern möchte. Also gab es unter den Augen der Therapeuten in der Klinik die ersten Annäherungen. Als mein Vater dann in die Trainingswohnung gezogen ist, wurde der Kontakt sogar noch enger und jedes erste Wochenende im Monat war Papa-Wochenende, da ich auch immer in der Trainingswohnung schlafen konnte. Ich fuhr also Samstag mit Oma und Opa zu ihm, dann gingen wir dort im Ort in ein Lokal essen, dann brachten wir Oma und Opa wieder zum Bus und genossen noch den Tag.
Oft wurden von der Einrichtung Angebote gemacht, an denen ich teilnehmen durfte. So waren wir im Olympia-Stadion beim Hertha Spiel, wir waren Minigolf spielen und wären sogar in die Therme nach Templin gefahren, aber da war es dann leider zu voll sodass wir dann Eis essen waren. 
Aber viel häufiger sind wir wandern gegangen. Die Natur dort war immer sehr schön und wir sind wirklich viel unterwegs gewesen. Entweder nur wir zwei oder sein Mitbewohner in der Trainingswohnung. Ich habe die Wanderungen immer genossen, denn auch ohne Worte haben wir uns immer sehr gut verstanden. Und die Stille war auch nicht unangenehm.
Auch wenn ich mit ihm auch nicht über alles reden konnte. Okay mit den Problemen zu Hause habe ich mit niemandem geredet, außer mit Luna. Der Rest hat nur geahnt, was los ist. Aber zum Beispiel habe ich ihm nie von meiner Sexualität erzählt. Ich würde auch heute gerne noch die Zeit zurück drehen und ihm meine damalige Freundin als feste Freundin vorstellen. Er hat sie zwar oft gesehen und wusste auch, dass wir uns nahe stehen. Ich denke, er hat es auch geahnt oder Mama hatte es ihm gesagt, aber ich wünschte, dass er es auch von mir erfahren hätte.
Die letzte Zeit war dann wieder gekennzeichnet von Misstrauen in Hinsicht auf sein Alkoholproblem. Früher, als ich noch kleiner war, hat er mich oft stehen lassen und gemeint er sei gleich wieder da und ist dann vor meinen Augen zur Tankstelle gegangen und hat dort Alkohol gekauft. Das tat er zum Ende nicht mehr, aber jedes mal wenn wir zusammen im Kino waren und er auf die Toilette ging habe ich seine Tasche durchsucht, denn ich fand häufig noch, dass er nach Alkohol roch. Er hat nach Lanke auch mit dem Rauchen aufgehört, was ich sehr positiv empfand, aber dennoch war immer noch die Sorge wegen dem größeren Feind, dem Alkohol.
Es gab nach Lanke aber keine großen Eskapaden mehr, wo er total betrunken war. Die gab es wo ich kleiner war zu Genüge.
Ich denke da hat auch die Einrichtung etwas gutes Geleistet. Er ist nach Lanke wieder in seine Wohnung gezogen, aber es kam oft jemand vorbei und besuchte ihn, schaute ob alles gut lief. Aber seine Betreuerin ist sehr plötzlich erkrankt und es war keine Vertretung organisiert.
Außerdem hatte er auch beruflich viele Rückschläge zu verkraften. Durch die Abhängigen Hilfe hat er einen 1-Euro Job erhalten und diesen dann lange Zeit ausgeführt. Ich glaube es war irgendwas mit Holzbearbeitung. Auf jeden Fall wollte die Firma ihn fest einstellen und ein Wochenende vorher ist er so schwer gestürzt, dass er sich den Ellbogen zertrümmert hat und so konnte er diese Stelle nicht mehr antreten. Also gab es doch viele Gründe dafür, dass er wieder angefangen haben könnte.
Aber trotz allem habe ich meinen Vater sehr geliebt und vermisse ihn sehr.
Ich weiß noch genau als mich die Nachricht erreichte. Ich brachte am 18. März letzten Jahres meine Freundin zur Straßenbahn und ging dann zu meiner Mama und meinem Stiefvater Olli, die zu dem Zeitpunkt noch eine Straße entfernt wohnten, aber gerade mitten im Umzug steckten, ich sollte auf meine kleine Schwester Lisa aufpassen. Ich schaute mit ihr gerade eine DVD an, als Oma mich anrief und meinte sie müsse mir was wichtiges sagen. Papa sei gestern gestorben. Beim Telefonat war ich noch sehr gefasst, danach bin ich aber in Tränen ausgebrochen. Habe dann gleich meine Mama angerufen, die sofort wieder nach Hause gekommen ist und ich bin dann zu Oma und Opa gefahren.
Mein Opa hat Papa am 17. morgens tot in der Wohnung gefunden, nachdem er nicht an das Telefon gegangen ist und Opa nachsehen gefahren ist.
Todesursache ist nicht bekannt, aber wir tippen auf Leberversagen, da er den Feind nie besiegt hat und ich bin auch der Meinung, dass er sehr gelblich war, als ich ihn nach seinem Tod noch einmal betrachtete und noch einmal von ihm Abschied nahm, da er ja doch sehr plötzlich gestorben ist.
Beerdigung war im kleinsten Kreis. Nur Oma, Opa und ich. Sonst wusste keiner, dass er gestorben ist. Oma wollte es niemanden sagen, was ich aber respektiert habe.
Ich wünsche echt, dass ich die Zeit die ich mit ihm hatte mehr genutzt hätte. Aber ich kann es jetzt nicht mehr ändern.

Das einzige was ich machen kann ist mich an die schönen Zeiten mit ihm erinnern.
Wie er mich immer abgeholt hat, wenn wir zu Oma gegangen sind. Wie ich ihn immer anrufen konnte, wenn ich beim Kreuzworträtsel nicht mehr weiter kam.
Es gibt so viele Erinnerungen und die kann mir keiner mehr nehmen!!!

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